Ein Erbe kann seine Ausschlagungserklärung wegen einer vermuteten Nachlass-Überschuldung nicht anfechten, wenn sich später herausstellt, dass der Nachlass doch werthaltig ist.

Das musste sich ein Erbe vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sagen lassen. Weil er damals keine genauen Informationen über den Umfang der Erbschaft hatte, hatte er zunächst sicherheitshalber das Erbe ausgeschlagen. Als sich dies später als Fehler herausstellte, wollte er seine Ausschlagung anfechten und die Erbschaft doch antreten.

Dem schob das OLG jedoch einen Riegel vor. In seiner Entscheidung wies es den Erben darauf hin, dass er sich bei einer Unklarheit über die Höhe des Nachlasses vorab genau informieren müsse. Er müsse genau erforschen, um welche Größenordnung es sich bei dem Nachlass tatsächlich handele. Erst dann könne er entscheiden, ob er die Erbschaft ausschlage. Unterlasse er eine solche Prüfung, sei die Ausschlagungserklärung offenbar nur anhand von Spekulationen getroffen worden. Eine „Fehlspekulation“ könne jedoch nicht angefochten werden (OLG Düsseldorf, I-3 Wx 21/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Regelung eines Tarifvertrags, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der tariflichen Altersgrenze „65. Lebensjahr“ endet, verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und ist wirksam.

Mit dieser Begründung wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg die Klage eines Arbeitnehmers ab, der sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze gewendet hatte. Der Arbeitnehmer hatte im Mai 2010 das 65. Lebensjahr erreicht, wollte aber darüber hinaus weiterarbeiten. Dem stand die Regelung des anwendbaren Tarifvertrags entgegen, nach dem das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats endet, in dem das 65. Lebensjahr erreicht wird.

Das LAG hielt diese Tarifregelung für rechtswirksam. Entsprechend sei das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.5.2010 beendet worden. Die Richter sahen in der Regelung eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze. Sie verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), nach der das Erreichen der Regelaltersgrenze ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund sei, der die Befristung rechtfertige. Die dadurch vorliegende Ungleichbehandlung wegen des Alters sei gerechtfertigt. Die Tarifnorm verfolge nämlich primär arbeitsmarktpolitische Ziele. Neben der Förderung der Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen solle damit auch ein positiver Beitrag zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit geleistet werden. Diese Ziele gingen unter Anwendung der Rechtsprechung des EuGH nicht über das hinaus, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich sei, wenn der weite Ermessensspielraum berücksichtigt werde, der den Mitgliedsstaaten und den Sozialpartnern auf dem Gebiet der Sozial- und Beschäftigungspolitik zur Verfügung zustehe (LAG Hamburg, 4 Sa 76/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wird ein großer Gebäudekomplex direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück errichtet, kann darin ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegen.

So entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen in einem entsprechenden Fall. Dabei wiesen die Richter zunächst darauf hin, dass die Anforderungen an das Rücksichtnahmegebot nicht pauschal benannt werden könnten. Sie würden vielmehr von den Anforderungen des Einzelfalls abhängen. Es müsse daher eine Abwägung der jeweiligen Interessen der Betroffenen vorgenommen werden. Zu berücksichtigen sei dabei einerseits die Schutzwürdigkeit des Nachbarn, andererseits das Interesse des Bauherrn an der Umsetzung des Bauvorhabens. Grundsätzlich sei in derartigen Fällen aber von einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots auszugehen, wenn das Bauvorhaben ein Nachbargebäude „einmauern“ oder „erdrücken“ würde. Das sei z.B. bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden der Fall (OVG Sachsen, 1 B 231/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter machten deutlich, dass ihm wegen des Zahlungsrückstands auch nicht das Stimmrecht entzogen werden könne (BGH, V ZR 60/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Ablauf der Eichfrist führt nicht dazu, dass die festgestellten Werte ohne Bedeutung sind.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) München in einem Rechtsstreit um eine Heizkostenabrechnung. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass den Messergebnissen allerdings nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit zukomme. Ob die abgelesenen Werte tatsächlich richtig seien, müsse der Vermieter vielmehr bei einer Abrechnung nach der Heizkostenverordnung zur Überzeugung des Tatrichters nachweisen (OLG München, 32 Wx 32/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die für den Terminstag angedrohte Zwangsräumung der Wohnung kann für den Angeklagten, der Berufung eingelegt hat, einen hinreichenden Entschuldigungsgrund darstellen, im Termin der Berufungshauptverhandlung fernzubleiben.

Mit dieser Entscheidung rettete das Oberlandesgericht (OLG) Köln den Angeklagten aus einem Dilemma: Ausgerechnet am Tag seiner Berufungsverhandlung wollte der Vermieter seine Wohnung räumen lassen. Um sein Hab und Gut zu sichern, ließ der Angeklagte den Gerichtstermin sausen. Daraufhin wies das Berufungsgericht wegen seiner Abwesenheit die Berufung zurück. Das OLG entschied nun, dass die Verhandlung nachgeholt werden könne, da der Angeklagte hinreichend entschuldigt war. Allerdings wiesen die Richter auch darauf hin, dass eine anstehende Zwangsräumung nicht zwangsläufig dazu führe, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung in einem solchen Fall stets zurückzutreten hätte. Der Angeklagte müsse vielmehr im Rahmen des Möglichen geeignete Schritte unternehmen, um trotz der angekündigten Zwangsräumung auch an der Hauptverhandlung teilnehmen zu können. Sollte dies ausnahmsweise nicht möglich sein, müsse dies umfassend begründet werden (OLG Köln, III 1 Ws 159/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Manchmal ist Aschermittwoch doch nicht alles vorbei. In einigen Fällen hat die jecke Karnevalszeit noch längere Auswirkungen.

Das musste eine Besucherin des Rosenmontagszugs in Köln erfahren. Beim Feiern am närrischen Lindwurm wurde sie von einem Schokoriegel im Gesicht getroffen. Dabei erlitt sie eine Verletzung am Auge. Ihre Klage auf Schadenersatz blieb jedoch ohne Erfolg. Das Amtsgericht (AG) Köln begründete seine Entscheidung damit, dass jeder Teilnehmer am Rosenmontagszug damit rechnen müsse, von Wurfgegenständen getroffen zu werden. Die Argumentation der Klägerin „es hätte nicht geworfen werden dürfen“ sei fern jeder Lebensrealität. Im Karneval sei es schon traditionell üblich und erlaubt, mit Süßigkeiten zu werfen. Jeder Zuschauer müsse daher aufpassen oder aber vom Zug fernbleiben (AG Köln, 123 C 254/10).

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann gerechtfertigt sein, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte schuldhaft eine schwerwiegende Straftat gegen den Verpflichteten oder dessen nahe Angehörige begangen hat (BGH FamRZ 90, 985; 07, 360; 09, 1312).

Eine im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangene Straftat kann für einen Ausschluss ausreichen (OLG Saarbrücken FamRZ 09, 2007), nicht aber eine von einem schuldunfähigen Ehegatten begangene Tat (BGH FamRZ 85, 1236). Auch die grobe Vernachlässigung der persönlichen Betreuung und Erziehung eines gemeinsamen Kindes kann den Ausschluss rechtfertigen (OLG Köln FamRZ 08, 2285). Voraussetzung ist allerdings üblicherweise, dass dadurch der Straftatbestand des Missbrauchs von Schutzbefohlenen erfüllt wird. Straftaten mit vermögensrechtlichen Auswirkungen reichen dagegen in der Regel für eine Kürzung des Versorgungsausgleichs nicht aus (OLG Nürnberg FamRZ 86, 580; OLG Hamburg FamRZ 00, 893).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis (z.B. wegen Elternzeit) kann gekündigt werden.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Streit um eine entsprechende Kündigung hin. Voraussetzung ist nach der Entscheidung eine unternehmerische Organisationsentscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt und ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung bildet. Das sei z.B. der Fall, wenn bisher im Betrieb durchgeführte Arbeiten nunmehr an ein anderes Unternehmen vergeben würden. Bestehe ein solcher Kündigungsgrund, könne vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, seinen Kündigungsentschluss solange zu verschieben, bis das Arbeitsverhältnis nicht mehr ruht, der Kündigungsgrund aber möglicherweise wieder entfallen ist (BAG, 2 AZR 493/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Architekt haftet auch ohne Honorarvereinbarung und bei Nichtbestehen einer Haftpflichtversicherung für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben, wenn er die Tätigkeit nur aus Gefälligkeit übernimmt.

Das musste sich ein nicht in die Architektenrolle eingetragener und nicht haftpflichtversicherter Architekt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. sagen lassen. Er hatte für eine Bekannte die Architektenleistungen übernommen, als diese ein neues Wohnhaus baute. Eine Rechnung stellte er hierfür nicht. Er erhielt jedoch mehrere Geldgeschenke. Später wurden Baumängel festgestellt, die auf unzureichenden Architektenleistungen beruhten. Die Bekannte forderte die Kosten der Mängelbeseitigung erstattet.

Das OLG verurteilte den Architekten entsprechend. Nach Ansicht der Richter liege hier kein Gefälligkeitsverhältnis im engeren Sinne vor, bei dem die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt wäre. Vielmehr sei auf die Sichtweise eines objektiven Betrachters abzustellen. Dabei sei die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, vor allem für den Begünstigten, Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit sowie die Interessenlage zu berücksichtigen. Vorliegend habe sich die Bekannte erkennbar auf die Zusage des Architekten zur Übernahme der Tätigkeit verlassen. Auch hätten für sie erhebliche Werte auf dem Spiel gestanden. Architektenleistungen hätten beim Bau eines Wohnhauses eine große wirtschaftliche Bedeutung. Daher müsse sich der Bauherr auf die sorgfältige Erbringung der Leistungen verlassen können. Im Ergebnis müsse daher vom Vorliegen eines Architektenvertrags ausgegangen werden. Unerheblich sei dabei, dass keine Haftpflichtversicherung bestehe (OLG Frankfurt a.M., 15 U 63/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl