Die Verpflichtung, zum Abendessen in einem gehobenen Hotel eine lange Hose zu tragen, stellt keine Beeinträchtigung der Reise dar.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Ehepaares, das eine 10-tägige Pauschalreise mit Halbpension nach Heraklion gebucht hatte. Beim Abendessen im Hotel wurde der Mann darauf hingewiesen, dass er doch bitte statt der ¾-langen Hose eine lange tragen möchte. In diesem „Kleiderzwang“ sah der Mann einen Mangel der Reise und verlangte einen Teil des Reisepreises zurück. Das Reiseunternehmen zahlte jedoch nicht. Eines Hinweises im Katalog hätte es nicht bedurft. In einem Hotel der gehobenen Mittelklasse sei es selbstverständlich, in langen Hosen zum Abendessen zu erscheinen. Das hätte im Katalog nicht extra erwähnt werden müssen.

Der zuständige Richter des AG sah das ebenso und wies die Klage ab. Gerade in südeuropäischen Ländern sei es üblich, zur Schonung des ästhetischen Empfindens anderer Hotelgäste wenigstens abends lange Beinkleidung vorzuschreiben. Das sei gerichtsbekannt und dürfte auch dem Kläger geläufig sein. Die Wirksamkeit einer solchen Bekleidungsvorschrift hänge auch nicht davon ab, ob sie in der Katalogbeschreibung des Hotels aufgeführt sei. Es handele sich um eine Ausprägung lokaler Sitten und Gebräuche, die bei einem Reisenden als bekannt vorausgesetzt werden dürften. Auf alle landestypischen Gebräuche, denen ein Reisender möglicherweise ausgesetzt sein könnte und die hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung unterhalb jeglicher Erheblichkeitsschwelle lägen, könne ein Reiseunternehmen in keinem Katalog hinweisen. Sei jemand nicht bereit, sich bei Auslandsreisen in gewissem Maße landestypischen Gebräuchen zu beugen, müsse er zu Hause bleiben (AG München, 223 C 5318/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Kommt es zu einer Verletzung bei einem Sportwettkampf, kann der Geschädigte vom Schädiger nicht in jedem Fall Schadenersatz verlangen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Saarland im Fall eines Altherren-Fussballspielers hin. Dieser war von einem Mitspieler gefoult worden und hatte sich dabei eine Verletzung zugezogen. Die Richter machten deutlich, dass er nur Schadenersatz und Schmerzensgeld verlangen könne, wenn durch die Regelwidrigkeit die in dem Wettkampf erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße missachtet worden und das Verhalten des Gegenspielers schlechthin nicht zu entschuldigen sei. Dagegen sei eine Haftung für leichte und mittlere Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Der Grund liege darin, dass die Teilnehmer bei einem sportlichen Wettkampf einvernehmlich mit körperlichem Einsatz ein Kampfspiel gegeneinander austragen würden. Hier bestehe immer die Gefahr von gegenseitigen Verletzungen, selbst wenn die Regeln eingehalten oder nur geringfügig verletzt würden (OLG Saarland, 5 U 492/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Hat der Versicherer die erforderlichen Verbraucherinformationen nicht erteilt, ist es nicht europarechtswidrig, dass das Widerrufsrecht eines Versicherungsnehmers ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie erlischt.

In derartigen Fällen ist es nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln möglich, dass der Versicherungsnehmer vertraglich gebunden wird, ohne dass er zuvor die Verbraucherinformation erhalten hat. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die europarechtlichen Richtlinien keine Vorgaben für das Versicherungsvertragsrecht machen würden. Sie würden ausdrücklich nur die Harmonisierung der Versicherungsaufsicht bezwecken. Daher könne keine andere richtlinienkonforme Auslegung zum Widerspruchsrecht und zu den Bestimmungen zum vorzeitigen Erlöschen verlangt werden (OLG Köln, 20 U 51/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Möchte sich ein schwerbehinderter Arbeitnehmer seinen Sonderkündigungsschutz erhalten, muss der Arbeitgeber über die Schwerbehinderteneigenschaft informiert werden.

Das verdeutlichte das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein im Fall eines Schwerbehinderten, dem gekündigt worden war. Er erhob Kündigungsschutzklage und trug später vor Gericht vor, dass er als Schwerbehinderter besonderen Kündigungsschutz genieße. Die Richter wiesen seine Klage jedoch ab. Sie machten deutlich, dass er innerhalb einer angemessenen Frist von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung hätte tätig werden müssen. Innerhalb dieser Frist hätte er gegenüber dem Arbeitgeber seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen müssen, sofern der Arbeitgeber über die Schwerbehinderung oder den Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter nicht bereits vorher informiert war. Ohne diese Kenntnis müsse der Arbeitgeber nicht mit der Zustimmungspflichtigkeit zur Kündigung rechnen. Unterlasse der Arbeitnehmer diese Mitteilung, habe er den besonderen Kündigungsschutz verwirkt (LAG Schleswig-Holstein, 1 Sa 403 e/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Denkmalschutz schließt den Einbau von Solaranlagen nicht aus.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin. Geklagt hatte der Eigentümer eines Reihenhauses, das Teil eines denkmalgeschützten Spitzdachensembles ist. Er wollte auf dem Spitzdach eine Solaranlage errichten. Die zuständige Behörde verweigerte jedoch die Genehmigung.

Zu Unrecht, entschied nun das VG. Bei der Entscheidung über die Genehmigung sei eine Interessenabwägung erforderlich. Hierbei müsse grundsätzlich auch der Aspekt der Stärkung erneuerbarer Energien berücksichtigt werden. Daher könne dem Eigentümer durchaus ein Anspruch auf eine Genehmigung zur Errichtung der Solaranlage auf dem Dach des Gebäudes zustehen. Das sei z.B. der Fall, wenn die Anlage lediglich eine kleine Fläche in Bezug auf das Erscheinungsbild des Denkmals verändere und aufgrund vorhandener Vegetation nur in geringem Umfang sichtbar sei (VG Berlin, 16 K 26.10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Wohnungseigentümer haben die Möglichkeit, auch einen per Vereinbarung festgelegten Umlageschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten durch einen Mehrheitsbeschluss zu ändern.

Dabei ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) allerdings zu prüfen, ob eine solche Regelung einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Ein Wohnungseigentümer dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, dass die bis zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels angefallenen Kosten nach dem bis dahin geltenden (bisherigen) Schlüssel umgelegt würden. Nur bei besonderen Gründen sei ausnahmsweise eine Rückwirkung möglich. Die Neuregelung des Kostenverteilungsschlüssels müsse zudem transparent gestaltet werden, sodass sie einem verständigen und unbefangenen Leser bei der Durchsicht der Beschlusssammlung ohne Weiteres auffalle (BGH, V ZR 202/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Für Fahrzeugführer, die unberechtigt einen Sonderstreifen (für Linienbusse) benutzen, gelten die Lichtzeichen für den allgemeinen Fahrverkehr auf den übrigen Fahrstreifen.

So entschied das Kammergericht (KG) im Fall eines Autofahrers, der wegen einer Panne auf der Busspur fuhr und sich dabei an den Lichtzeichen für die Linienbusse orientierte. Die Richter machten deutlich, dass diese Lichtzeichen nur für die Fahrzeuge gelte, für die der Sonderstreifen freigegeben sei. Der Autofahrer hätte die Lichtzeichen des normalen Verkehrs beachten müssen. Es liege daher ein Rotlichtverstoß vor. Allerdings sei eine Gefährdung des Querverkehrs ausgeschlossen, wenn das Lichtzeichen für den unberechtigt benutzten Sonderstreifen die Fahrt freigebe. Daher könne eine Unterschreitung der Regelgeldbuße und das Absehen vom Regelfahrverbot gerechtfertigt sein (KG, 3 Ws (B) 138/10, 2 Ss 41/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Auch ein Sonderschulabsolvent muss seinen Kindern Unterhalt zahlen. Dabei kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, das nach dem erzielbaren Bruttostundenlohn auf der Grundlage seines Ausbildungsstandes (hier: Bauhelfer) zu berechnen ist.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Die Richter machten dabei deutlich, dass Unterhaltspflichtige grundsätzlich verpflichtet seien, sich um jede Art einer beruflichen Tätigkeit zu bemühen. Dabei müssten sie auch Arbeiten annehmen, die unterhalb ihres Ausbildungsniveaus oder entgegen den eigenen Neigungen liegen würden, z.B. Arbeiten für ungelernte Kräfte, Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen. Der Unterhaltspflichtige könne sich auf eine nicht vorhandene Leistungsfähigkeit nur berufen, wenn er nachweise, dass er eine vergleichbare Anstellung trotz intensiver Bemühungen nicht finden könne (OLG Brandenburg, 10 UF 32/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine Regelung in der Satzung eines Vereins, nach der ein rückwirkender Beitritt möglich ist, verstößt nicht gegen geltendes Recht.

Wie in anderen rechtlichen Bereichen sind rückwirkende Vereinbarungen auch vereinsintern zulässig – entschied jetzt das Kammergericht (KG). Eine solche Möglichkeit ergebe sich aus der Vereinsautonomie. Keine Rolle spiele dabei, dass ein rückwirkender Beitritt im Einzelfall keine Wirkung entfalte. So ergebe sich aus ihm zum Beispiel kein Recht zur Beteiligung an einer Mitgliederversammlung, die vor der Annahme des Beitrittsantrags durchgeführt wird (KG, 1 W 232/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Anbieter eines Ausbauhauses kann in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Fall der Kündigung durch den Kunden eine Vergütungspauschale in Höhe von 15 Prozent des Baupreises für seine entstandenen Aufwendungen und entgangenen Gewinn festlegen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines Bauunternehmens entschieden. Dieses hatte mit dem Bauherren einen Vertrag über die Lieferung und Errichtung eines Ausbauhauses geschlossen. Der Formularvertrag legte fest, dass der Unternehmer bei Kündigung durch den Bauherren einen Pauschalbetrag von 15 Prozent des Gesamtpreises als Ersatz für seine Aufwendungen und seinen entgangenen Gewinn verlangen könne, sofern nicht der Bauherr nachweise, dass der dem Unternehmer zustehende Betrag wesentlich niedriger als die Pauschale von 15 Prozent sei. Zudem wurde dem Bauherrn ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt, dass er das Vorhaben nicht finanziert bekomme. Der Bauherr erklärte noch vor Baubeginn den Rücktritt vom Vertrag und ließ das Haus von einem anderen Unternehmer errichten. Der Bauunternehmer hatte ihn daraufhin auf Zahlung der vertraglichen Vergütungspauschale von 15 Prozent des Baupreises verklagt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das OLG hat diese Entscheidung nun bestätigt. Die Richter führten aus, dass der Rücktritt des Bauherren unwirksam sei. Die Voraussetzungen des im Bauvertrag vereinbarten Rücktrittsrechts hätten nicht vorgelegen. Die Rücktrittserklärung sei jedoch als Kündigung des Bauvertrags zu werten. Die Kündigung berechtige den Bauunternehmer, die vereinbarte pauschalierte Vergütung zu verlangen. Die Formularklausel verstoße nicht gegen gesetzliche Bestimmungen. Zwar fehle in der Klausel der ausdrückliche Hinweis, dass dem Bauherren der Nachweis gestattet sei, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden. Dies begründe jedoch nicht die Unwirksamkeit der Klausel. Der schriftliche Hinweis auf die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren als des pauschalierten Schadens ermögliche auch den Nachweis, dass gar kein Schaden entstanden sei. Ein „geringerer Schaden” sei auch ein solcher von „Null”.

Die Klausel gewähre dem Bauunternehmer auch keine unangemessen hohe Vergütung. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise weiche die Pauschale von 15 Prozent des Gesamtpreises nicht unangemessen von dem gesetzlichen Vergütungsanspruch ab, der bei Kündigung durch den Bauherren beansprucht werden könne. Dort sei neben den vom Unternehmer bereits geleisteten vertragsbezogenen Personal- und Sachkosten auch dessen kalkulierter Gewinn zu erstatten. Die Pauschalierung dieser Kosten mit 15 Prozent sei – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte – angemessen (OLG Koblenz, 8 U 1030/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl