Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Umsatzsteuer auf voraussichtliche Mängelbeseitigungsaufwendungen als Schadenersatz nicht verlangt werden kann, solange der Mangel nicht tatsächlich beseitigt worden ist.

Diese Entscheidung erging im Fall eines Bauherrn, der ein Einfamilienhaus errichten ließ. Es waren Mängel vorhanden, die der Bauunternehmer trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht beseitigte. Für die Beseitigung der Mängel waren Aufwendungen in Höhe von 9.405 EUR netto erforderlich. Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Bauherr als Schadenersatz, über den er frei verfügen kann und den er nicht zur Mängelbeseitigung verwenden muss, auch die Umsatzsteuer auf diesen Betrag verlangen kann, wenn er die Mängel noch nicht beseitigt hat. Der BGH hat dies nun verneint. Zwar ist die Entscheidung im Lichte der gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ergangen. Daher sei sie auf Schadenersatzansprüche im Werkvertragsrecht nicht anwendbar. Sie enthalte jedoch eine gesetzliche Wertung für vergleichbare Fälle. Verlange der Auftraggeber den Bruttobetrag vor einer Mängelbeseitigung, so sei er im Werkvertragsrecht ausreichend dadurch geschützt, dass er einen auch die Umsatzsteuer umfassenden Vorschussanspruch geltend machen könne. Diesen müsse er allerdings zur Mängelbeseitigung verwenden (BGH, VII ZR 176/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Äußerung eines Bauarbeiters zu seinem vorgesetzten Polier „Komm her du Arschloch, ich hau dir paar in die Fresse“ stellt eine Beleidigung dar, die an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Bei der notwendigen Einzelfallbetrachtung komme es nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern aber sowohl auf den Vorlauf des Dialogs, der zu der Äußerung führte, als auch auf das weitere Geschehen an. Sei die Beleidigung eine Reaktion auf eine in der Sache nur schwer nachvollziehbare und im Ton missglückte Anweisung des Vorgesetzten, könne es an der für die Kündigung notwendigen „groben Beleidigung“ fehlen. So sei es im vorliegenden Fall gewesen. Der Polier habe den Bauarbeiter auf ebenfalls beleidigende Weise lautstark vor allen Kollegen beim Aufräumen fünf Minuten vor Feierabend zu schnellerer Arbeit angetrieben (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 5 Sa 254/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem sog. qualifizierten Rotlichtverstoß kann die Geldbuße nicht mit der Begründung erhöht werden, die Rotlichtdauer sei „überaus lang“ gewesen.

Diese Klarstellung traf das Kammergericht (KG) im Falle eines Autofahrers. Das Amtsgericht hatte ihn wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilt. Es hatte u.a. eine gegenüber dem Regelsatz des Bußgeldkatalogs erhöhte Geldbuße festgesetzt und das mit dem Hinweis auf die „überaus lange Rotlichtdauer“ begründet. Die Rechtsbeschwerde des Autofahrers hatte hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg.

Das KG begründete seine Entscheidung damit, dass die vom Bußgeldkatalog unter Nr. 132.2 a.F. vorgesehene Regelbuße von 125 EUR für einen sog. qualifizierten Rotlichtverstoß gelte, bei dem im Zeitpunkt des Überquerens der Haltelinie das Rotlicht schon länger als eine Sekunde angedauert hat. Diese Regelbuße sei gegenüber sog. einfachen Rotlichtverstößen erhöht, bei denen ein Rotlicht bei kürzerer Dauer der Rotlichtphase missachtet wird. Mithin sei bei der Regelbuße für einen qualifizierten Rotlichtverstoß bereits die erhöhte abstrakte Gefahr durch die lange Dauer der Rotlichtphase berücksichtigt. Für eine weitere Erhöhung wegen einer besonders langen Dauer der Rotlichtphase sei daneben kein Raum mehr. Grund für die erhöhte Geldbuße beim qualifizierten Rotlichtverstoß sei, dass sich bei der länger als eine Sekunde dauernden Rotlichtphase bereits Querverkehr in der Kreuzung befinden kann. Im Falle einer – wie vom Amtsgericht angenommen – bereits sieben Sekunden anhaltenden Rotlichtphase sei aber keine darüber hinaus gehende abstrakte Gefahr ersichtlich (KG, 2 Ss 267/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Beabsichtigt der Gebäudeeigentümer, eine bisher vorhandene Lücke bei der Erfassung des Wärmeverbrauchs in einer Wohnung durch die Installation eines zusätzlichen Messgeräts zu schließen, hat der Wohnungsnutzer dies nach der Heizkostenverordnung zu dulden.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter wiesen zur Begründung auf die Vorschrift über die Pflicht zur Verbrauchserfassung hin. Aus dieser Vorschrift ergebe sich zum einen ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter, die Wohnung mit geeigneten Heizkostenerfassungssystemen auszustatten. Im Gegenzug müsse aber der Mieter alle hierfür erforderlichen Maßnahmen dulden, einschließlich des Wohnungszutritts des Vermieters (BGH, VIII ZR 170/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Minderjährige Kinder, die nicht mehr den Einschränkungen des Gesetzes zum Schutz der arbeitenden Jugend und der vollzeitigen Schulpflicht unterliegen, sind auch dann von einer Erwerbspflicht nicht gänzlich entbunden, wenn sie sich in einer Teilzeitausbildung befinden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines 17-Jährigen hin. Dieser besuchte einen VHS-Kurs, um den mittleren Schulabschluss zu erlangen. Der Kurs fand an drei Wochentagen jeweils drei Stunden statt. Die Richter machten deutlich, dass Unterhaltsleistungen nur zweckgebunden geschuldet würden. Die nachhaltige Verletzung der Ausbildungsobliegenheit könne deshalb den Unterhaltsanspruch entfallen lassen oder zumindest die Bedürftigkeit des Berechtigten mindern. Folglich könnten bei minderjährigen Kindern auch fiktive Einkünfte angerechnet werden. Im vorliegenden Fall sei es dem 17-Jährigen zuzumuten, seinen Bedarf teilweise durch die Ausübung einer geringfügigen Erwerbstätigkeit neben dem Kurs-Besuch zu decken (OLG Düsseldorf, II-8 WF 117/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Zu einem funktionstauglichen Keller gehört eine ausreichende Abdichtung gegen eindringendes Wasser. Errichtet ein Bauunternehmer einen Keller, in den Wasser eindringt, ist der Keller nicht funktionstauglich.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Die Richter machten dabei deutlich, dass es vor allem von den örtlichen Bodenverhältnissen abhänge, welche Maßnahmen der Bauunternehmer zum Schutz des Kellers gegen eindringendes Wasser treffen müsse. So würde es sich bei den Bodenverhältnissen um einen Umstand handeln, der als „vom Besteller gelieferter Stoff“ anzusehen sei. Übernehme nun der Bauunternehmer in einem „Kellerbauvertrag“ die Erstellung eines Fertigkellers, bei dem keine zusätzliche Einschaltung eines Architekten durch den Bauherrn vorgesehen sei, könne eine Auslegung des Bauvertrags nahelegen, dass der Bauunternehmer auch bestimmte erforderliche Planungsleistungen erbringen müsse. Er sei in diesem Fall auch für eine Prüfung der örtlichen Bodenverhältnisse verantwortlich (OLG Karlsruhe, 4 U 129/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Verkäufer von Waren im Fernabsatzgeschäft (Internet etc.) darf einen Verbraucher nicht mit den Versandkosten für die Hinsendung der Ware an den Verbraucher belasten, wenn dieser von seinem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch macht.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in dem Rechtsstreit eines Verbraucherverbands gegen ein Versandhandelsunternehmen. Der Versandhändler stellt seinen Kunden für die Zusendung der Ware einen Versandkostenanteil von pauschal 4,95 EUR pro Bestellung in Rechnung. Der Verbraucherverband verlangt, dass er diese Kosten nicht berechnet, wenn der Kunde bei einem Fernabsatzgeschäft von seinem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch gemacht hat.

Der BGH gab dem Verbraucherverband nun recht. Er hatte zunächst das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorgelegt. Der sollte klären, ob die Fernabsatz-Richtlinie des Europäischen Parlaments dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kosten der Zusendung der Waren auch dann dem Verbraucher auferlegt werden können, wenn er den Vertrag widerrufen hat. Dies hat der EuGH bejaht. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass mit der Fernabsatz-Richtlinie eindeutig das Ziel verfolgt werde, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Deshalb liefe eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt wäre, eine Regelung vorzusehen, die dem Verbraucher im Fall eines solchen Widerrufs die Kosten der Zusendung in Rechnung stellt, diesem Ziel zuwider (EuGH, C-511/08). Aufgrund dieser für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung der Fernabsatz-Richtlinie durch den EuGH habe der Verbraucher einen Anspruch auf Erstattung der geleisteten Versandkosten, wenn er den Fernabsatzvertrag widerrufen hat. Dementsprechend sei es Verkäufern von Waren im Fernabsatzgeschäft verwehrt, Verbrauchern die Kosten für die Hinsendung der von ihr vertriebenen Waren auch in dem Fall aufzuerlegen, wenn diese von ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen (BGH, VIII ZR 268/07).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei Anhörung des Personalrats vor einer Probezeitkündigung richtet sich nicht nach den objektiven Merkmalen des § 1 KSchG, sondern nach den subjektiv den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers prägenden Umständen. Die Mitteilung subjektiver Wertungen, aus denen ein solcher Entschluss hergeleitet wird, ist daher ausreichend.

Das verdeutlichte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Krankenhausdirektorin. Wegen Unstimmigkeiten beabsichtigte der Arbeitgeber, ihr noch während der Probezeit ordentlich zu kündigen. Er hörte zur beabsichtigten Probezeitkündigung den bei ihm bestehenden Personalrat mit folgender Begründung an: „Die Arbeitnehmerin hat sich nicht bewährt. Sie ist nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Das für eine dauerhafte Zusammenarbeit notwendige Vertrauensverhältnis hat aufgrund der mangelnden persönlichen Eignung der Arbeitnehmerin nicht aufgebaut werden können.“ Nach der Stellungnahme des Personalrats kündigte der Arbeitgeber fristgemäß innerhalb der vereinbarten Probezeit. Die Arbeitnehmerin ist der Auffassung, die Begründung sei zu pauschal und damit die Personalratsanhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Das sah das BAG nicht so. Die Richter hoben in Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des BAG hervor, dass weder bei einem privaten noch bei einem öffentlichen Arbeitgeber die innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochene Kündigung einer sozialen Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG bedürfe. Hieran sei auch der Inhalt der Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei der Personalratsanhörung (bei privatwirtschaftlichen Arbeitgebern der Betriebsratsanhörung) zu messen. Stütze daher der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss nicht auf Gründe, die durch Tatsachen konkretisierbar seien, reiche es bei einer solchen Kündigung aus, wenn dem Personal- bzw. Betriebsrat subjektive Wertungen, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen, mitgeteilt würden. Auch eine – wie im vorliegenden Fall gegebene – pauschale Mitteilung solcher subjektiven Wertungen erfülle diese Anforderung. Eine detaillierte Begründung könne im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Probezeitkündigung nicht verlangt werden (BAG, 6 AZR 828/08).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Geschädigte leistet dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter verwiesen allerdings auch darauf, dass sich das im Einzellfall anders darstellen könne. So könne der Geschädigte ausnahmsweise gehalten sein, von einer danach grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen. Das sei der Fall, wenn sich ihm eine wesentlich günstigere Verwertungsmöglichkeit im Rahmen des Zumutbaren biete. Hier sei er zur Geringhaltung des Schadens verpflichtet. Im vorliegenden Fall hatte die gegnerische Versicherung dem Geschädigten das erheblich günstigere Internetangebot eines Kfz-Verwerters vorgelegt, der eine kostenlose Abholung und Barzahlung zugesichert hatte. Dieses Angebot hätte der Geschädigte nach Ansicht der Richter annehmen müssen (BGH, VI ZR 316/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Mieter kann ohne besondere vertragliche Regelung nicht erwarten, dass seine Wohnung einen Schallschutz aufweist, der über die Einhaltung der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Vorschriften hinausgeht.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) den Rechtsstreit eines Vermieters mit seinem Mieter. Der Vermieter hatte einen Mietrückstand geltend gemacht. Um diesen Betrag (zehn Prozent der Bruttomiete) hatte der Mieter die Miete unter anderem wegen Mängeln der Trittschalldämmung seiner Wohnung (Baujahr 2000) zur darüberliegenden Wohnung gemindert. Das Landgericht hielt die Mietminderung für rechtmäßig, weil die Wohnung wegen nicht ausreichender Trittschalldämmung mangelhaft sei. Der Sachverständige habe eine Trittschallmessung durchführen lassen und festgestellt, dass zwar die Anforderungen der DIN 4109 (1989) erfüllt seien. Hierbei handele es sich jedoch um den reinen Norm-Schallschutz, der allgemein nicht der Qualität mittlerer Art und Güte entspreche.

Die dagegen gerichtete Revision des Vermieters hatte Erfolg. Der BGH hat einen Mangel der Wohnung wegen nicht ausreichender Trittschalldämmung verneint. Mehr als die Einhaltung der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN 4109 zum Schallschutz hätte der Mieter nicht erwarten können. Fehlen – wie im entschiedenen Fall – vertragliche Vereinbarungen zur Beschaffenheit einer Wohnung, könne der Mieter nur erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich sei. Dabei seien insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Gebe es zu bestimmten Anforderungen an den Wohnstandard technische Normen, so sei (jedenfalls) deren Einhaltung vom Vermieter geschuldet. Dabei sei grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen. Vorliegend sei daher keine stärkere Dämmung geschuldet, als in der DIN 4109 von 1989 vorgegeben. Die Mietminderung sei daher unberechtigt gewesen (BGH, VIII ZR 85/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl