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Verwaltungsrecht: Kein Anspruch auf kostenlose Toilettennutzung an Autobahnraststätten

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz. Der Betreiber der Raststätten an Bundesautobahnen in Rheinland-Pfalz hat seine Toilettenanlagen nach dem „Sanifair“-Konzept ausgestaltet. Danach muss der Nutzer einer Toilette 70 Cent bezahlen und erhält im Gegenzug einen Wert-Bon in Höhe von 50 Cent. Den kann er in Raststätten mit Sanifair-Konzept einlösen. Der Kläger ist der Auffassung, Toilettenanlagen an Autobahnraststätten müssten kostenlos zur Verfügung stehen. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht Koblenz war erfolglos.

Das OVG bestätigte jetzt diese Entscheidung. Es gebe keine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers. Der Anspruch lasse sich auch nicht aus den Grundrechten herleiten. Zum einen sei das Entgelt für die Nutzung der Sanitäreinrichtungen geringfügig. Zum anderen gebe es in Rheinland-Pfalz elf Raststätten und 43 unbewirtschaftete Autobahnrastanlagen mit kostenfreien Toiletten. Damit bestünden für den Kläger genügend Möglichkeiten zur unentgeltlichen Toilettennutzung. Sofern der Kläger der Auffassung sei, es könne nicht von ihm erwartet werden, nach dem Tanken und Essen mehrere Kilometer zu einer kostenlosen öffentlichen Toilette zu fahren, möge eine solche Weiterfahrt zwar unangenehm sein. Der Staat sei aber nicht von Rechts wegen verpflichtet, dem Kläger diese Lästigkeit zu ersparen.

Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf die „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ berufen, die nach seinem Dafürhalten leide, wenn Reisende ihre Fahrt „mit voller Blase“ zunächst fortsetzen müssten, um eine kostenlose öffentliche Toilette zu erreichen. Abgesehen davon, dass das geringe Entgelt der Toilettennutzung bei verständiger Würdigung wohl niemanden an einer notwendigen Toilettennutzung hindere, liege die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im öffentlichen Interesse. Der Kläger könne daher hieraus keine subjektiven Rechte herleiten. Schließlich stehe auch die rheinland-pfälzische Gaststättenverordnung – unabhängig von der Frage, ob sie auf Autobahnraststätten überhaupt anwendbar sei – einem Entgelt für die Toilettennutzung an Autobahnraststätten nicht entgegen.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.7.2018, 1 A 10022/18.OVG

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein einjähriges Kind hat Anspruch auf einen Kita-Platz, dessen Umfang sich nach dem zeitlichen Betreuungsbedarf der Eltern richtet.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Aachen entschieden und damit dem Eilantrag eines Kindes stattgegeben. Die Stadt Aachen ist damit verpflichtet, für das Kind einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung mit einer wöchentlichen Betreuungszeit von 45 Stunden zur Verfügung zu stellen, der sich nach dem konkreten zeitlichen Bedarf der Eltern orientiert (hier: montags bis freitags in der Zeit von 8:00 bis 17:00 Uhr). Die Stadt Aachen hatte – ohne Erfolg – vorgetragen, für das Kind stehe nur ein Betreuungsplatz in einer städtischen Kindertageseinrichtung bis 16:30 Uhr zur Verfügung.

Die Richter begründen ihre Entscheidung so: Kindern stehe in der Zeit zwischen Vollendung des ersten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ein einklagbarer Anspruch gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflege zu. Dieser Anspruch stehe nicht unter einem Kapazitätsvorbehalt. D. h. der Träger der öffentlichen Jugendhilfe habe dafür Sorge zu tragen, dass eine am konkreten Bedarf ausgerichtete ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen geschaffen oder durch geeignete Dritte (etwa freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen) bereitgestellt werde. Dabei müsse sichergestellt sein, dass in zeitlicher Hinsicht dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes und seiner Erziehungsberechtigten entsprochen werde.

Diesen Anforderungen habe die Stadt Aachen hier nicht genügt. Die Eltern hätten nachgewiesen, dass sie aufgrund ihrer Arbeits- und Wegezeiten eine werktägliche Betreuung von 8:00 bis 17:00 Uhr benötigen. Die von der Stadt wochentags zur Verfügung gestellte Betreuung des Kindes in der Kindertageseinrichtung Reutershagweg in der Zeit von 7:30 bis 16:30 Uhr genüge diesen Anforderungen nicht. Die Stadt könne das Kind auch nicht auf eine Betreuung in der Kindertagespflege (etwa durch eine Tagesmutter) verweisen. Ein solcher Verweis sei erst zulässig, wenn die Kapazität in der primär gewählten Betreuungsform (hier: Kindertagesstätte) erschöpft sei. Das habe die Stadt nicht nachgewiesen. Sie habe auch keine Angaben dazu gemacht, dass eine Streckung der Öffnungszeiten und ein damit einhergehender erhöhter Personalaufwand etwa wegen eines derzeitigen Fachkräftemangels ihrerseits nicht zu leisten sei.

Wegen der dem Kind anderenfalls entstehenden nicht wiedergutzumachenden Nachteile sei es ausnahmsweise gerechtfertigt, die Stadt bereits im Eilverfahren zu verpflichten, den benötigten Betreuungsplatz zu schaffen. Denn der Anspruch des Kindes auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung lasse sich für die Vergangenheit nicht nachholen.

Quelle: VG Aachen, Beschluss vom 31.7.2018, 8 L 700/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl