Accident with two carsDie Beteiligten eines sogenannten Streifunfalls beim Überholvorgang in einer Autobahnbaustelle haften jeweils zur Hälfte für den eingetretenen Schaden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Fall eines Autofahrers, der einen Lkw mit Anhänger in einer Autobahnbaustelle überholen wollte. Vor dem Überholvorgang war der Lkw bereits einmal von der rechten Hauptfahrspur über die Fahrbahnmarkierung teilweise auf den linken Fahrstreifen geraten. Während des Überholvorgangs auf den verengten Fahrbahnen stießen die beiden Fahrzeuge sodann aneinander. Es entstand am Pkw ein Sachschaden in Höhe von mehr als 5.000 EUR.

Das Landgericht Osnabrück hatte die Klage des Autofahrers auf Schadenersatz abgewiesen. Mit seiner Berufung hatte er jetzt zur Hälfte Erfolg. Aus Sicht der Richter am OLG konnte der konkrete Unfallhergang mangels Zeugen nicht aufgeklärt werden. So blieb offen, ob der Lkw zu weit links auf die Überholspur gefahren war oder der Autofahrer nicht aufgepasst hatte. Ein Autofahrer dürfe im Baustellenbereich überholen, solange dies nicht verboten sei, so das OLG. Eine im Verhältnis zum Lkw-Fahrer gesteigerte Sorgfaltspflicht treffe ihn nicht, da auch der Lkw-Fahrer besondere Sorgfalt walten lassen müsse. Selbst wenn der Lkw zuvor bereits seinen Hauptfahrstreifen einmal verlassen habe und zu weit links gefahren sei, könne darauf vertraut werden, dass dies beim Überholvorgang nicht noch einmal passieren werde (OLG Oldenburg, 6 U 64/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Holz / InnovationFluggäste eines verspäteten Flugs haben einen Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung, soweit sie infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Dies gilt auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird.

Diese für Reisende vorteilhafte Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Ehepaares, das bei der beklagten Iberia S.A. eine Flugreise von Miami über Madrid nach Düsseldorf gebucht hatte. Der Abflug von Miami nach Madrid verzögerte sich um 1 Stunde 20 Minuten. Die bereits bei Flugantritt in Miami mit Bordkarten für die gesamte Reise versehenen Eheleute erreichten Madrid entsprechend mit Verspätung. Ihr Weiterflug sollte an einem ausgelagerten Terminal des Flughafens erfolgen, den sie nicht mehr rechtzeitig erreichen konnten. Sie kamen infolgedessen mit einem anderen Flug 7 ½ Stunden später als vorgesehen in Düsseldorf an. Die Eheleute beanspruchen daher jeweils eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 EUR.

Der BGH sprach den Eheleuten diese Beträge zu. Er orientierte sich dabei an der aktuellen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Fluggastrechteverordnung. Der EuGH hat den Fluggästen eines verspäteten, wie im Streitfall in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallenden Flugs einen Ausgleichsanspruch zugesprochen, soweit sie wie vorliegend die Eheleute infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Dies gelte auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruhe, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst werde. Bedenken gegen diese Auslegung der Fluggastrechteverordnung ergäben sich nach Ansicht des BGH weder aus dem Primärrecht der Europäischen Union noch aus dem Grundgesetz (BGH, X ZR 123/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

PuzzleteileDer das gemeinsame Kind betreuende Elternteil hat die Pflicht, die Kontakte des Kindes zu dem anderen Elternteil zu fördern.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in einem Rechtsstreit zum Umgangsrecht. Die Richter wiesen dabei auf die gesetzlich vorgesehene Wohlverhaltenspflicht eines jeden Elternteils hin. Diese verpflichte die Eltern in mehrfacher Hinsicht. So müssten sie einerseits alles unterlassen, was einen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil gefährden könne. Andererseits müssten die Kontakte des Kindes mit dem anderen Elternteil positiv gefördert werden. Unter Umständen müsse diesbezüglich auch erzieherisch auf das Kind eingewirkt werden. Den Vorwurf, gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen zu haben, kann der betroffene Elternteil nur zurückweisen, wenn ihn kein Verschulden an dem Verhalten des Kindes trifft. Dazu muss er im Einzelfall aufzeigen, wie und in welchem Umfang er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (OLG Frankfurt a.M., 5 WF 120/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Männchen RechtsanwaltDie sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber auch vor mehr als drei Jahren bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

So entschied jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg und weicht damit bewusst von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ab. In dem betreffenden Fall ging es um einen Arbeitnehmer aus der Metall- und Elektroindustrie. Er war aufgrund jeweils befristeter Arbeitsverträge vom 27.8.2007 bis 30.11.2007 und wieder vom 1.2.2011 bis 31.1.2013 beschäftigt. Mit seiner Klage hat er sich gegen die Befristung des Arbeitsvertrags gewandt.

Das LAG gab dem Arbeitnehmer recht und erklärte das Arbeitsverhältnis für unbefristet. Die Richter verwiesen in ihrer Begründung auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Danach ist die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das BAG hat das Tatbestandsmerkmal „bereits zuvor“ in seiner neueren Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass in Anlehnung an die regelmäßige gesetzliche Verjährungsfrist Vorbeschäftigungen beim selben Arbeitgeber, die länger als drei Jahre zurückliegen, nicht zu berücksichtigen sind. Von dieser Rechtsprechung weicht das LAG bewusst ab. Es hält die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm und den aus dem Gesetzgebungsverfahren erkennbaren Willen des Gesetzgebers, keine Frist in das Gesetz aufzunehmen, durch das BAG für überschritten. Jedenfalls hätte das BAG die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorlegen müssen. Außerdem weiche die Rechtsprechung des 7. Senats des BAG von der des 2. Senats ab, sodass der 7. Senat das Verfahren zur Wahrung der Rechtseinheit nach § 45 ArbGG hätte durchführen müssen. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen (LAG Baden-Württemberg, 6 Sa 28/13; BAG, 7 AZR 716/09).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

stop drückenEin Bauherr darf den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn sich der Architekt grundlos weigert, die Zusammenarbeit mit der Projektleiterin weiterzuführen und ultimativ deren Ablösung fordert.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hin. Die Richter machten deutlich, dass ein Auftraggeber jeden Werkvertrag grundsätzlich aus wichtigem Grund kündigen könne. Das Vorliegen dieses wichtigen Grundes müsse es dem Auftraggeber unmöglich machen, den Vertrag weiterzuführen. Das ergebe sich z.B. aus einer schweren schuldhaften Vertragsverletzung. Möglich sei auch eine sonstige Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien. Das sei vorliegend der Fall (OLG Düsseldorf, 23 U 102/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Männchen Vertreter mit eimem SchreibenVermietet ein Mieter seine Wohnung unberechtigt weiter und leugnet dies noch auf Anfrage des Vermieters, ist das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter so zerstört, dass eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung möglich ist.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall einer Vermieterin einer öffentlich geförderten Wohnung. Diese staunte nicht schlecht, als sie im August 2012 die Mitteilung bekam, dass ihr Mieter die Wohnung untervermiete. Die Kriminalpolizei hatte dies festgestellt, als jemand anderes bei einer polizeilichen Befragung diese Wohnung als Wohnsitz angab und auch gleich noch mitteilte, dass er aufgrund der Aufforderung des eigentlichen Mieters sich dort nicht anmelden dürfe. Die Vermieterin forderte ihren Mieter auf, dies zu unterlassen. Als Antwort erhielt sie ein Schreiben, in dem der Mieter die Untervermietung bestritt. Er sei nur krank. Daher kämen Freunde zu ihm zu Besuch. Hieraufhin kündigte die Vermieterin fristlos.

Die zuständige Richterin gab ihr recht und erließ ein Räumungsurteil. Nach Anhörung mehrerer Zeugen stehe fest, dass der Mieter die Wohnung untervermietet habe. Weil er zudem die Untervermietung geleugnet habe, habe er das Vertrauensverhältnis zur Vermieterin zerstört. Der Vermieterin sei nicht zumutbar, das Mietverhältnis fortzuführen. Dabei fiele auch noch ins Gewicht, dass es sich um eine öffentlich geförderte Wohnung handele, die nur von einem bestimmten Personenkreis bewohnt werden dürfe. Diese Vorschrift habe der Mieter umgangen. Auch habe er die Vermieterin über Jahre hinweg getäuscht. Eine vorherige Abmahnung sei daher nicht erforderlich. Die sofortige fristlose Kündigung sei wirksam (AG München, 423 C 29146/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Männchen Auto fahrenDass das unfallbeschädigte Fahrzeug bereits 16 Jahre alt ist und nur noch einen Wiederbeschaffungswert von 850 EUR aufweist ist kein Grund, den Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten zu versagen.

Auch muss der Geschädigte kein um ein oder mehrere Gruppen kleineres Fahrzeug anmieten, weil das Fahrzeug bereits so sehr entwertet ist, entschied das Amtsgericht (AG) Köln. Ganz anderer Auffassung ist aber das AG Betzdorf: Weist das unfallbeschädigte Fahrzeug bereits eine Laufleistung von knapp 200.000 km auf, muss der Mietwagen um zwei Gruppen kleiner ausgewählt werden, um Abzüge zu vermeiden.

Hinweis: Die beiden gegensätzlichen Urteile zeigen: Die Herabstufung wegen Alters ist eine umstrittene Frage, bei der die Rechtsprechung völlig uneinheitlich ist. Es empfiehlt sich daher, noch vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um nicht auf einem Teil des Schadens sitzen zu bleiben (AG Köln, 271 C 245/12; AG Betzdorf, 32 C 43-13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Männchen verwirrt UnfallRechtsprechung zu Sachmängeln an werkseitig ausgerüsteten Gasfahrzeugen ist noch rar. Ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz, das den Käufer wegen Quietschgeräuschen – ausgehend von der Gasanlage – vom Kaufvertrag zurücktreten ließ, verdient deshalb besondere Aufmerksamkeit.

Der Käufer hatte sich einen neuen Chevrolet Aveo mit Gasanlage zugelegt. Bis auf die Quietschgeräusche konnten alle Beanstandungen der Elektronik/Elektrik behoben werden. Für den Händler waren die Geräusche beim Gasbetrieb derzeit technisch nicht vermeidbar, im Übrigen aber auch mit einem Kostenaufwand von nur 49 EUR aus der Welt zu schaffen. Das OLG qualifizierte die Geräusche als Sachmangel und attestierte ihnen obendrein Rücktrittserheblichkeit. Bei Gasfahrzeugen der Konkurrenz träten keine vergleichbaren Quietschgeräusche auf. Da die Ursache der Geräusche im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt gewesen sei, müsse schon deshalb von einem „erheblichen“ Mangel ausgegangen werden (OLG Koblenz, 3 U 1498/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Puzzle TeamworkAnspruch auf Elterngeld hat nur, wer mit dem Kind in einem Haushalt lebt.

Hierauf wies das Bundessozialgericht (BSG) im Fall einer Mutter hin, die mit ihrem Kind in einer Mutter-Kind-Einrichtung des geschlossenen Strafvollzugs untergebracht ist. Ihr stehe nach Ansicht der Richter grundsätzlich kein Elterngeld zu. Denn sie lebe nicht in einem Haushalt, wie ihn das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz verlange. Ein derartiger Haushalt setze eine häusliche, wohnungsmäßige, familienhafte Wirtschaftsführung voraus. Danach sei die Justizvollzugsanstalt als öffentliche Einrichtung kein Haushalt in diesem Sinne. Eine Mutter habe zusammen mit ihrem Kind innerhalb der Justizvollzugsanstalt auch keinen eigenen Haushalt, wenn die Justizvollzugsanstalt sie selbst vollständig und ihr Kind im Rahmen eines vom Jugendamt entrichteten Tagessatzes versorge. Dass die Mutter über gewisse Mittel (Kindergeld, Arbeitseinkünfte) in einem bestimmten Rahmen selbst verfügen könne, reiche zur Begründung eines eigenen Haushalts nicht aus (BSG, B 10 EG 4/12 R).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

InsolvenzHat der Vermieter eine Wohnung gegen eine deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Kaltmiete vermietet, liegt weder in der fortdauernden Gebrauchsgewährung noch in dem Unterlassen einer Mieterhöhung eine teilunentgeltliche Leistung i.S. der Insolvenzordnung (InsO).

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) München im Fall eines insolventen Vermieters. Die Richter erläuterten, dass die tatsächliche Gebrauchsgewährung nicht auf einer Handlung beruhe, sondern auf dem Unterlassen eines Herausgabeverlangens, zu dem der Vermieter ohnehin nicht berechtigt wäre. Die unterlassene Mieterhöhung beruhe nicht auf einer bewussten Willensbetätigung des Vermieters. Überdies werde es an der Unentgeltlichkeit fehlen, da ein Verzicht auf Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete vielfach wirtschaftlich sinnvoll sein kann. Außerdem dürfe nicht auf die ortsübliche Vergleichsmiete abgestellt werden, weil üblicherweise eine erhebliche preisliche Divergenz zwischen Bestandsmieten und Neuvermietungen besteht (OLG München, 14 U 579/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl